kulturblogg

schönes, erfreuliches
und bemerkenswertes


Der meistgelesene Kulturblog der Hauptstadt – mit Kurzkritiken zu Theater, Tanz, Performance, Oper, Kunst, Kino und Literatur: bemerkenswert, sehenswert, hörenswert.

The ultimate culture blog — reviewing theatre, dance, performance, opera, art, film and literature: most widely read and much valued. Find out what‘s on.

Kontakthof – Echoes of ’78

© Ursula Kaufmann

Pina Bausch selbst hatte es vor fast einem halben Jahrhundert während der Stückentwicklung gesagt: In 30 Jahren machen wir Kontakthof noch einmal in der gleichen Besetzung. 46 Jahre später entsteht mit neun der Original 20 Tänzer, eine Version 2.0 von Pina Bausch legendärer Inszenierung. Federführung übernahm Meryl Tankard, erfolgreiche Choreografin und Filmemacherin, die heute wie damals auch tanzend auf der Bühne steht.

Als 2024 im Proberaum die Filmaufnahmen der 1978er Kontakthof Inszenierung von Rolf Borzik laufen, springt der Funke über: Die heute zwischen 70 und 80 Jahre alten Tänzer beginnen, mit dem Bild ihres jüngeren Selbst zu tanzen. Diese Freude findet sich auf der Bühne wieder, wenn das Ensemble synchron mit den Bildern aus den siebziger Jahren bewegt. Das gelebte Leben wird in jeder Bewegung sichtbar und spürbar. Offen gelegt wird, dass 11 Tänzer fehlen. Die Toten sind in den Archivaufnahmen lebendig, die Meryl Tankard fabelhaft über den Live-Moment schichtet.

Zu den zwei Ebenen, der Musik aus den Dreißigern und dem Tanzstunden-Setting (Original Bühnenbild: Rolf Borzik) aus den siebziger Jahren, kommt in der Version 2.0 eine dritte Ebene, mit der Frage, ob die tradierten Rollenbilder noch heute eine Rolle spielen? Bis ein Jahr vor der Uraufführung von Kontakthof brauchten Frauen in Deutschland für eine Erwerbstätigkeit die Zustimmung ihres Ehemannes. Die vierte Ebene eröffnen die Darsteller direkt, als sie sich am Ende der ersten Halbzeit mit Namen, Geburtsort, Alter und dem vorstellen, was sie jeden Tag tun. Lutz Förster küsst jeden Tag seinen Mann (dieser Satz wäre 1978 beim damals geltenden § 175 StGB vermutlich nicht auf der Bühne gesprochen worden). Es hat sich also zum Glück doch einiges verändert in den letzten 46 Jahren.

Der Abend könnte auch eine Werbung dafür sein, sich jeden Tag tanzend zu bewegen, damit wir alle mit 80 noch den Hüftschwung drauf haben, den Arthur Rosenfeld schon mit zarten 34 nicht so hinbekam, wie seine Kollegen.

»Der Kontakthof ist ein Ort, an dem sich Menschen treffen, die auf der Suche nach Kontakt sind. Um sich zu zeigen, um sich zu verleugnen. Mit Ängsten. Sehnsucht. Enttäuschungen. Verzweiflung.«
— Pina Bausch

Berlin, Haus der Berliner Festspiele (im Rahmes des Theatertreffens 2025)
Mi 14. Mai 2025 um 20 h
Do 15. Mai 2025 um 20 h

St. Pölten, Festspielhaus
Sa 11. Oktober 2025 um 19.30 h

Den Haag, Amare 
Mi 15 Oktober 2025
Sa 18 Oktober 2025

 

But Beautiful

Was passiert, wenn wir uns mit dem Rhythmus des Planeten verbinden? Und wie erreichen wir die höchste Verbundenheit allen Seins? Der Filmemacher Erwin Wagenhofer lässt uns eintauchen in die Welt der Musik, der Natur und der Liebe: Er lässt uns teilhaben an seiner Spurensuche eines gelingenden Lebens. Wir sehen Frauen ohne Schulbildung, die Solaranlagen für ihre Dörfer bauen, Ödland, das wieder zum Blühen kommt, Menschen, die ihrem Herzen folgen. Anders als in seinen Vorgänger-Filmen legt Erwin Wagenhofer nicht den Finger in die Wunde. Vielmehr steckt er uns an mit vibrierenden Positivbeispielen, die uns zeigen, dass wir etwas bewegen können, wenn wir uns die Freiheit nehmen. Dörfer, Inseln, Kontinente: dort treffen wir Erich und Barbara Graf, Bunker Roy, Kenny Werner, Erwin Thoma – und den Dalai Lama. Wir lernen, wie man energie-autarke Holzhäuser bauen kann, wenn man auf den Mond hört, wie Frieden entsteht, wenn wir zusammenarbeiten und warum Frauen die Weltveränderer sind. In über fünf Jahren sind 400 Stunden Material entstanden, die Wagenhofer mit seinem Team in 14 Monaten zu einem zweistündigen Opus destilliert. Der Film lockt uns ins Freie, erklärt wenig, lässt Raum. Mehr Meditation, weniger Dokumentarfilm. Große Ermutigung, großes Kino. Gehen und Sehen. 

But Beautiful auf der großen Leinwand: 
Hamburg, Abaton Kino 
Fr 15. November 2919 um 17:30 h mit Erwin Wagenhofer und Sabine Kriechbaum 

Leipzig, Passage Kinos 
So 17. November um 13 h mit Erwin Wagenhofer und Sabine Kriechbaum 

Zürich, Kosmos Kino 
Di 19. November um 18 h Vorpremiere mit Erwin Wagenhofer und Sabine Kriechbaum 

Weitere Termine mit den Machern Kinofinder Deutschland Kinofinder Österreich Kinofinder Schweiz 

Wir sind viele

© Jim Rakete
Eigentlich sind wir darauf trainiert weg zu schauen, wenn jemand anders aussieht oder sich anders bewegt. Die aktuelle Ausstellung »Wir sind viele« lässt uns hinschauen. Jim Rakete hat 50 Menschen mit Behinderungen fotografiert: mit Epilepsie, mit psychischen Leiden, mit Gewalt- und Suchterfahrungen, mit unheilbaren Krankheiten. Menschen, die obdachlos oder schutzbedürftig sind. Er bereiste dafür unterschiedlichste Einrichtungen Bethels: von Berlin bis Bielefeld, von Hannover bis Dortmund, Freistatt, Lobetal und Blütenberg. Und im Katalog kann man die Geschichten hinter den Gesichtern nachlesen. Das macht den Ausstellungsbesuch noch lebendiger. Eine große Ausstellung mit großen Portraits. Und Lebensfreude pur. Dringend empfohlen. Deutscher Bundestag, Berlin Bis Freitag 10. Februar 2017 geöffnet Montag bis Freitag 9 bis 17 Uhr Paul-Löbe-Haus, Eingang West Konrad-Adenauer-Straße 1, 11011 Berlin Besichtigung nur mit Anmeldung möglich. Anmelden kann man sich hier (es geht nicht ohne) Personalausweis beim Besuch bitte mitbringen.

Victoria

© Senator Film Verleih
Eine Kamera, ein Take. Kein Schnitt, keine künstlichen Effekte, kein Fake. 140 Minuten großes Kino, wie es authentischer nicht sein könnte: direkt, dreckig, atmend, ungehobelt und ohne Rücksicht auf Verluste. Ein echter Berlin-Film. Der Plot ist nicht immer ganz schlüssig und das macht ihn vielleicht gerade so glaubhaft. Eine spanische Klavierbegabung zieht mit ein paar angetrunkenen Jungs um die Häuser bis sie in ihre Geschichten verwickelt wird. Klingt banal, aber »dieser Film handelt im Tiefsten von Solidarität und dem bedingungslosen Zusammenhalt junger Leute,« sagt der Regisseur Sebastian Schipper. Wir als Zuschauer erleben den Lauf der Dinge in Echtzeit und kommen dabei den Figuren ganz nah. Das Zusammenspiel der fünf Protagonisten entwickelt eine Sogkraft und wir, die Betrachter, werden unmerklich zu Komplizen. Der Film ist vor allem eine herausragende Ensembleleitung: Laia Costa, Frederick Lau, Franz Rogowski. Man glaubt ihnen alles. Auf der Berlinale 2015 gab es für den norwegischen Kameramann Sturla Brandth Grøvlen den Silbernen Bären. Beim Deutschen Filmpreis wird Victoria mit sechs Lolas ausgezeichnet. Der Film des Jahres. Kinostart: 11. Juni 2015 In Berlin Hackische Höfe Kino

Courage

»Habt doch endlich einmal die Courage, euch den Eindrücken hinzugeben, euch ergötzen zu lassen, euch rühren zu lassen, euch erheben zu lassen, ja euch belehren und entflammen zu lassen.« Johann Wolfgang von Goethe

A Flowering Tree

© Mats Bäcker
Die zeitgenössische Oper von John Adams erlebte gerade ihre blühende Skandinavien Premiere. Mit opulenter Reduziertheit und traumwandlerischer Unmittelbarkeit inszeniert Nicola Raab das indische Märchen zu einem Gesamtkunstwerk. Vom ersten Moment entfaltet sich der Abend mit großer Selbstverständlichkeit als Musik-Tanz-Theater in grandiosen Bildern. Die Liebesgeschichte, die mit ihren Prüfungen an die Zauberflöte erinnert, wird von nur drei Sängern erzählt und berührt in ihrer Einfachheit. Ein unspektakuläres Spektakel höchster Klangkunst. Stehende Ovationen bei der Premiere. Und eine Reise nach Göteborg wert. Göteborgs Operan So. 15. Februar 2015 Fr. 20. Februar 2015 So. 1. März 2015 Do. 5. März 2015 So. 15. März 2015 Mit. 18. März 2015 Sa. 21. März 2015 Sa. 28. März 2015

Lebensjahre

»In the end, it’s not the years in your life that count. It’s the life in your years.«
Abraham Lincoln

19.11.2013

0

Hüpfendes Glück

Gut zwei Wochen lang kann man jetzt auf den Südgelände in einem »Choreographic Object« von William Forsythe und Dana Caspersen herumspringen. 1997 feierte das »White Bouncy Castle« in London Premiere und durfte dort das erste Mal behüpft werden. Jetzt kommt es im Rahmen des Foreign Affairs Festivals der Berliner Festspiele nach Berlin. Laufen, springen, sich gegen die Wand werfen, auf den Boden fallen kann man zum Soundtrack von Joel Ryan. Man sollte auch Kondition mitbringen, denn fürs Hüpfen braucht man ziemlich Puste. Am Wochenende ist mit Wartezeiten zu rechnen. »White Bouncy Castle« Freitag 28. Juni bis Sonntag, 14. Juli 2013 Di, Mi, Fr: 14:00–19:30 h Do: 16:00–22:00 h Sa & So 12:00–18:00 h Lokhalle Schöneberg Die Lokhalle Schöneberg befindet sich direkt hinter der S-Bahn Station Priesterweg, Ausgang Naturpark Noch mehr Installationen von William Forsythe: Suspense & The Defenders Part 3 Mi – Mo 12:00–19:00 h Do 12:00 – 21:00 h KW Institute for Contemporary Art

27.06.2013

0

Über Schönheit

»Und was ich für das wichtigste daran halte: dass es nur die Form ist, die eine Sache verständlich macht und damit Gemeinschaft stiften kann.«
Gerhard Richter

19.12.2012

0

Die letzten Tage Richter

Gerhard Richter Bis Sonntag gibt es noch Gelegenheit das wunderbare Panorama in Berlin zu sehen. Geöffnet von 9 bis 22 h. Ab Juni dann in Paris.

10.05.2012

0

30.03.2012

0

Alle anzeigen Impressum Datenschutzerklärung Kooperationspartner: livekritik.de